Gedanken zur „Nigeria Connection“: Warum die E-Mail-Flut mit versprochenen Millionen nicht endet…

21. Dezember 2014 | Von | Kategorie: Wirtschaft

Ein jeder kennt diese E-Mails bzw. hat solche E-Mails schon selbst erhalten: Ein Mann oder eine Frau, vornehmlich mit asiatisch, englisch oder afrikanisch klingendem Namen und oftmals Mitarbeiter einer wichtig klingenden ausländischen Bank, hat auf einem Konto der Bank Geld entdeckt, dass man niemandem auszahlen kann. Nun sucht man einen vertrauenswürdigen Partner, der die Auszahlung erhalten und verwalten soll. Als „Lohn“ winkt regelmäßig ein gewisser Prozentsatz des entdeckten Geldes, und dieser Anteil geht leicht in die Millionen.

Der geneigte Leser wird nun schmunzeln – dem Inhalt solcher E-Mails wird natürlich kein Glauben geschenkt und die E-Mail schnell gelöscht. Trotzdem ist eines auffällig: Diese Art von E-Mails tauchen immer wieder auf, wenn auch mit unterschiedlichen Geschichten. Da stellt sich doch eine Frage: Wenn die in der E-Mail geschilderte Geschichte so haarsträubend ist, warum verschwinden dann die E-Mails nicht einfach? Warum findet man immer wieder solche E-Mails in seinem Posteingang, die man meistens unbesehen löscht?

Die schnelle erste Antwort auf diese Fragen ist natürlich, dass es wahrscheinlich immer wieder „Dumme“ geben wird, die auf so eine E-Mail hereinfallen. Aber wie viele sind das? Und wenn es ein paar gibt, wie viele nehmen zwar mal Kontakt mit dem Absender auf, verlieren dann aber doch das Interesse und beenden den Kontakt? Lohnt sich denn der Aufwand für den Absender?

In ihrem Buch „Think like a freak“, dessen Lektüre man jedem an Denkprozessen Interessierten nur dringendst ans Herz legen kann, bieten die Autoren Steven Levitt und Stephen Dubner eine höchst interessante Analyse der Motivation zu den Betrugs-E-Mails, die inzwischen als „Nigeria Connection Scam“ bekannt geworden sind. In diesem Zusammenhang kommen die beiden zu einer faszinierenden Antwort auf die Frage, warum diese E-Mails immer noch versendet werden. Levitt und Dubner stützen sich dabei auf Untersuchungen von Cormac Herley, einem Computerspezialisten bei Microsoft Research.

Herley´s Ausgangspunkt war die Frage, warum die Betrüger so erfolgreich sind (aus verschiedenen FBI- und Polizeiakten läßt sich entnehmen, dass die Betrüger allein in den USA Millionen an Dollar von Opfern erhalten haben), wenn die E-Mails doch so offensichtlich nach Betrug „schreien“ und die Betrüger offensichtlich so „dumm“ sind, solche so einfach als Betrug erkennbare E-Mails zu verschicken. Sein Ansatz in der Untersuchung war die Betrachtung aus den Augen des Betrügers. Welcher Empfänger würde auf eine E-Mail antworten, die für einen verständigen Menschen so offensichtlich nach Betrug riecht? Wohl nur eine äußert leichtgläubige Person! Wie kann man nun an solch eine Person herantreten? Im Zeitalter des Internets sehr leicht: Man muss nur eine Datenbank haben mit Millionen von E-Mail-Adressen (kann man im Internet erwerben)– an diese schickt man dann einfach die E-Mail, in der Millionen versprochen werden. Wie aber bringt man nun die leichtgläubige Person dazu, auf die E-Mail zu antworten? Dies ist das bemerkenswerte Ergebnis der Untersuchung von Herley:

Indem man die E-Mail bewusst völlig überzogen gestaltet! Das Wort „Nigeria“ oder die Nennung eines sonstigen afrikanischen Landes wird nicht vermieden, sondern bewusst in die E-Mail geschrieben. Die Beträge, um die es geht, sind nicht gerade noch akzeptabel, sondern bewusst enorm groß. Und die ganze Story um das Geld ist bewusst „hanebüchen“. Jede vernünftige Person, die eine solche E-Mail erhält und liest, wird diese umgehend löschen – und das ist vom Versender gewollt. Denn diese Personen interessieren ihn nicht. Ihn interessieren die paar Personen (von den Millionen, die die E-Mail erhalten haben), die trotz der haarsträubenden Story antworten. Denn hier ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass es sich um extrem leichtgläubige Menschen handelt, die den Betrug – so seltsam das jetzt vielleicht für verständige Ohren klingen mag – nicht kennen oder nicht erkennen. Wer auf eine solche E-Mail antwortet, der glaubt an die dahinterstehende Geschichte und ist ein leichtes Opfer für den sich dann anschließenden Betrug (wie läuft der regelmäßig ab: bevor man die Millionen erhalten kann, sind verschiedene Gebühren für Dokumente zu zahlen, Reisekosten müssen übernommen werden, Vorauszahlungen sind zu leisten, etc. Das Opfer zahlt mit Blick auf die ja bald zu erwartenden Millionen und je mehr man zahlt, umso mehr glaubt man der betrügerischen Geschichte…).

Bleibt nur noch eine Frage übrig: Sind die Betrüger nun dumm, indem sie solche E-Mails verschicken – oder vielmehr extrem clever?

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